Die deutsche Medienlandschaft erlebt einen markanten Einschnitt: RTL Deutschland veräußert die traditionsreichen Magazine Brigitte, Eltern und Gala an die Funke Mediengruppe in Essen. Mit diesem Schritt verabschiedet sich RTL endgültig von der einstigen Magazinsparte des legendären Verlags Gruner + Jahr (G+J). Was 2022 noch unter dem Motto „gemeinsam stärker“ begann, endet nun mit einem radikalen Kurswechsel – und einer neuen Perspektive für die betroffenen Marken und Mitarbeitenden.
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Vom Hoffnungsprojekt zur finalen Trennung
Die Übernahme von Gruner + Jahr durch RTL im Jahr 2022 galt zunächst als ambitioniertes Projekt: Print und TV sollten zusammengeführt, Synergien gehoben und journalistische Qualität im digitalen Raum gestärkt werden. Doch schon bald zeigte sich ein anderer Kurs. Unter dem Einfluss des Mutterkonzerns Bertelsmann wurde der einst europäisch agierende Zeitschriftenverlag nach und nach zerschlagen. Bereits Anfang 2023 stellte RTL 23 Titel ein, verkaufte weitere und strich rund 700 Stellen.
Mit dem Verkauf der letzten drei großen Lifestyle-Magazine – Brigitte, Eltern und Gala – ist von G+J nun nichts mehr übrig. Auch die Geschäftsführung des Bereichs, Bernd Hellermann und Carina Laudage, verlässt das Unternehmen. Die rund 300 Mitarbeitenden dieser Marken sollen jedoch vollständig zur Funke Mediengruppe wechseln – mit ihren bestehenden Arbeitsverträgen.
Funke stärkt sein Portfolio – mit einem Bekenntnis zum Journalismus
Bei der Funke Mediengruppe sieht man den Erwerb nicht als Abwicklung, sondern als Investition in die Zukunft. Carsten Erdmann, Chefredakteur Digitale Produkte bei Funke, kommentierte auf LinkedIn:
„Großartige Nachrichten aus Hamburg: Funke übernimmt die tollen und starken Marken Brigitte, Eltern und Gala samt der rund 300 Mitarbeitenden. Funke ist ein tolles, wachsendes Unternehmen, welches an Journalismus glaubt und in Journalismus investiert.“
Mit diesem Schritt erweitert Funke sein ohnehin breites Zeitschriftenportfolio, das bereits Marken wie Bild der Frau, Hörzu und TV Digital umfasst. Diese wurden 2013 von Axel Springer übernommen. Die drei neuen Titel fügen sich nahtlos ein, insbesondere im Segment der Frauen- und Lifestylemagazine – und können durch gemeinsame redaktionelle Strukturen effizient produziert werden.
Ein Rückblick auf starke Marken – und eine bewegte Geschichte
Der Verkauf bedeutet nicht nur eine wirtschaftliche Transaktion, sondern auch das emotionale Ende einer Ära. Besonders Brigitte, gegründet 1954, galt als Leitmedium für Generationen von Frauen in Deutschland. Die Zeitschrift schaffte den Spagat zwischen gesellschaftlicher Relevanz – etwa mit Artikeln zur Gleichstellung oder der Forderung zur Abschaffung des §218 – und klassischem Lifestyle. Aktionen wie die „Brigitte – ohne Models“-Kampagne 2010 zeigen, wie sehr das Heft immer wieder versucht hat, neue Wege zu gehen. Auch Eltern und Gala waren jahrzehntelang feste Größen im Regal – ihre verkaufte Auflage lag zuletzt bei rund 203.000 Exemplaren für Brigitte und 125.000 für Gala, bei sinkender Tendenz.
Der Medienexperte Thomas Koch sieht in dem Schritt ein düsteres Signal:
„Ein ganz schwarzer Tag für die Medienwelt, für Print, für die Medienvielfalt. (…) Das Signal, das RTL hiermit in den Markt schickt, ist toxisch: Wir glauben nicht mehr an Print.“
RTL richtet den Fokus neu aus
RTL selbst verfolgt unter der Strategie „Shine 2030“ eine klare Neuausrichtung auf digitale Bewegtbildinhalte und Streaming. Der klassische Zeitschriftenmarkt passt nicht mehr in dieses Modell. Stephan Schmitter, CEO von RTL Deutschland, betonte, man wolle die Kräfte künftig auf RTL+ und Paid-Content-Angebote wie Stern Plus konzentrieren. Ziel: 100.000 zahlende Abonnenten bis Ende 2026 – eine Investition von 30 Millionen Euro wurde dafür angekündigt.
Titel wie Stern, Geo und Capital bleiben RTL erhalten und werden unter RTL News als digitale Marken weitergeführt. Magazine wie Geolino und Art sollen in das journalistische Angebot von Stern Plus integriert werden, während Wohn- und Lifestyletitel wie Schöner Wohnen oder Couch nur noch als Lizenzprodukte über RTL Consumer Products bestehen bleiben.
Abschied mit Symbolkraft, aber auch Hoffnung
Der Verkauf von Brigitte, Eltern und Gala markiert zweifellos das symbolische Ende des Zeitschriftenzeitalters bei RTL – und das finale Kapitel für Gruner + Jahr als eigenständige Marke. Doch für die betroffenen Magazine und ihre Redaktionen bedeutet der Übergang zur Funke Mediengruppe auch eine neue Chance. Funke positioniert sich als verlässlicher „Best Owner“ und verspricht, die publizistische Kraft dieser Marken weiterzuentwickeln.
Für die Leserinnen und Leser könnte dies eine gute Nachricht sein: Denn während RTL den Printbereich verlässt, gibt es Verlage wie Funke, die weiterhin an die Kraft gut gemachter Zeitschriften glauben – in gedruckter wie in digitaler Form.